Der Hallesche FC hat die Sondertrikots „Nie wieder – gemeinsam gegen das Vergessen“ verlost. Unter mehr als 80 Bewerbern mit zumeist emotionalen Argumentationen wurden acht neue Besitzer ermittelt, nachdem sich der Verein bei unterstützenden Vereinen und Institutionen wie (H)allianz für Vielfalt mit den Unikaten anlässlich des ersten Jahrestages nach dem Anschlag vom 9. Oktober 2019 bedankt hatte. Die Auslosung wurde filmisch festgehalten und ist ab sofort auf HFC.tv zu sehen.

Als neue Besitzer der Trauer-Trikots wurden ermittelt: Anja Dannenberg, Marco Bendert, Paul Silex, Michael Bendix, Dirk Küster, Christian Priwitzer, René Büschel und Tobias Schirlitzki. Ihre Anschreiben sind bewegend.

Dirk Küster:

Zu allererst kurz zu mir. Seit circa 40 Jahren bin ich Fan vom Halleschen FC bzw. HFC Chemie, ich habe also alle Höhen und Tiefen unseres Vereins mitgemacht. Mitglied bin ich seit 1.7.2001. Mein Stammplatz im Stadion ist die Rolli-Loge als Betreuer für meinen besten Kumpel, der leider im Rollstuhl sitzt. Das Trikot würde bei mir einen Ehrenplatz in meinem HFC-Zimmer bekommen, was ich mir gerade einrichte. Warum gerade ich ein Trikot bekommen sollte? Ich könnte jetzt irgendetwas emotionales schreiben, aber das wäre gegen meine Natur. Dann lieber ehrlich, ich bin ein Sammler sämtlicher HFC-Utensilien. Und dieses Wahnsinns-Trikot würde sehr gut in meine Sammlung passen!

Christian Priwitzer:

Hallo und rot-weiße Grüße, wir würden gerne an der Verlosung teilnehmen. Der Grund ist der, dass wir dieses Trikot gerne im Laden präsentieren würden. Viele unserer Kunden haben einen Migrationshintergrund und sind gut in der Gesellschaft integriert. Als Zeichen gegen Fremdenhass und Rassismus würde  dieses Trikot unseren Laden zieren.

René Büschel:

Hallo, ich möchte das Trikot gerne gewinnen aber nicht für mich – ich würde es gern Karsten Lissau, Kevins Vater, schenken. Ich bin ein sehr guter Freund von ihm und habe in den letzten Monaten mitbekommen wie schlecht es ihm mit der ganzen Situation geht. Es nimmt ihn alles so mit. Man kann es leider nicht rückgängig machen aber vlt. Kann ich ihm damit eine kleine Freude machen.

Michael Bendix:

Rot-Weiß sind unsere wertvollen Farben,

über viele Jahre tragen wir in allen Höhen und tiefen Narben.

Mit Chemie Halle sind wir immer wieder aufgestanden,

nicht immer auf unseren Wegen die bunten Vöglein sangen.

 

Unerschüttlich stehen und gehen wir Seit an Seit,

auch wenn der Ball in unser Tor mal rollt.

Der HFC daran fest glauben wir,

ist tief im Leben unser rot-weißes Lebenselixier.

 

Daran wollen wir uns Woch für Woch messen,

nun gilt es auch „gemeinsam gegen das Vergessen“.

Und ringt uns nun auch Corona nieder,

wir trotzen stolz und kommen bald richtig wieder.

Anja Dannenberg:

Hallo lieber HFC, wie ihr erkennen könnt, möchte ich an der Verlosung des Sondertrikots teilnehmen. Ich habe hin und her überlegt, was ich euch schreiben werde und mich entschlossen, davon zu berichten wie meine Familie und ich den 9.10.2019 erlebt haben und was wir dabei empfunden haben. Es waren Herbstferien und unser Sohn Niko, welcher 7 Jahre alt ist, war zuvor in die Schule gekommen und es waren seine ersten Ferien. Wir haben mit ihm einen Ausflug in den Nutztierpark am Goldberg vorgehabt. Wir, das heißt, Mutter Anja, Vater Toni, Sohnemann Niko und Hund Bobo. Unterwegs bemerkten wir, dass die Stadt unruhig wirkte und machten uns Gedanken, weil wir viele Polizeiautos wahrgenommen haben, als wir auf Höhe des Wasserturms an der Synagoge vorbei fuhren. Ich schaltete das Radio an und wir hörten zunächst nur Bruchteile von dem, was passiert sein könnte. Wir fuhren zunächst zu unserem Ziel und hörten genauer Nachrichten und lasen die Sozialen Medien hoch und runter bis wir recht schnell beschlossen haben, so schnell wie möglich wieder nach Hause zu fahren und dort auch zu bleiben. Ich kann nur schwer beschreiben, was wir für eine Angst auf dem Weg nach Hause verspürten, so hätte der Attentäter doch auch jeden Moment an uns vorbei fahren können. Es war für uns selbst nur schwer zu begreifen, was für eine schreckliche Tat hier aus reinem Fremdenhass geschehen war und umso schwerer war es für uns, als Eltern von einem 7-jährigen Jungen, ihm dieses zu erklären. Niko verstand seinem Alter entsprechend, was wir ihm erklärten und auch er war unfassbar traurig. Wir gemeinsam als Familie gingen in den kommenden Tagen auf den Marktplatz zu einer der Gedenkveranstaltungen und stellten Kerzen auf für Jana und Kevin und waren gedanklich auch bei den Menschen, welche stundenlang schreckliche Ängste in der Synagoge ausgestanden haben mussten. Ich wünsche mir daher das Sondertrikot für meinen Sohn Niko Dannenberg, da er großer HFC Fan ist und in seinem jungen Alter ein so tolles Verständnis besitzt für die Individualität eines jeden Menschen und jeden akzeptiert, wie er ist. Das Trikot soll ihn daran erinnern, dass er dieses Verständnis und diesen Charakter beibehält und ein Mahnmal für das Geschehen vom 9.10.19 sein, ihn aber natürlich auch mit seinem HFC in Verbindung bringen.

Marco Bendert:

Unsere Tochter Mia-Sophie Bendert hat mich beauftragt, euch eine Mail zu schreiben. Da sie mit ihren noch 7 Jahren verständlicherweise nicht so gut schreiben kann. Wegen gesundheitlicher Probleme ist sie derzeit auf Kur, dadurch kann sie nicht zu einem Heimspiel kommen was sie sehr traurig macht. Sie spielt selbst beim HFC (Bambinis) und hat sich doch sehr darüber geärgert, dass sie nicht so ein Trikot bekommen kann, obwohl sie beim HFC spielt. Es ist ja schließlich in Gedenken an Jana und Kevin, die beide leider getötet wurden und nicht zu vergessen ist, dass im Zuge dieser Tat weitere Personen verletzt wurden. Falls wir mit in den Los-Topf kommen: wäre es evtl möglich, dass sie das Trikot von Kai bekommen könnte? Da sie selbst seit ca einem Jahr meist im Tor der Bambinis steht und er ihr „Idol“ ist, sie würde sich aber sicher über jedwedes andere Trikot freuen.

Tobias Schirlitzki:

Mit großem Interesse habe ich auf ihrer Instagram-Seite gelesen, dass Sie ein schwarzes Original-Spielertrikot mit dem Schriftzug „NIE WIEDER“ aus dem Heimspiel gegen den FSV Zwickau in Gedenken an den Terroranschlag am 9.Oktober 2019 verlosen. Der Terroranschlag  an der Synagoge im Paulusviertel hatte mich zutiefst erschüttert. Ich möchte mich daher  mit Argumenten und Begründungen zu diesem traurigen Thema äußern. Ich finde es geht gar nicht,  andere Menschen zu töten nur weil man ihre Religion nicht mag oder weil sie anders ist als seine eigene. Ich möchte hiermit mein aufrichtig empfundenes Beileid aussprechen. Mein allerherzlichstes Beileid und mein tiefstes Mitgefühl gelten den ermordeten Menschen und deren Familien. Ich möchte außerdem anmerken, dass ich finde das Hass niemals durch Hass aufhört.  Hass hört nur durch Liebe auf. Mögen die Opfer in Frieden ruhen. Falls ich gewinnen sollte möchte ich mit dem Trikot ausdrücken, dass es so etwas schlimmes nicht geben sollte. Außerdem möchte ich damit ausdrücken, dass man einen Menschen nicht wegen eines Glaubens verabscheut oder sogar hasst. Denn wir sind in vielerlei Hinsicht gleich. Ich würde mich sehr darüber Freuen wenn Ich ein Exemplar dieser Trikots „mein Eigen“ nennen dürfte.

Paul Silex:

Ich heiße Paul Silex, bin 19 jahre alt und wohne in Gerbstedt. Seit meinem 12. Lebensjahr besuche ich regelmäßig das HFC-Station um meinen Lieblingsverein zu besuchen und um bei jedem Spiel mitzufiebern. Der HFC ist mein Verein und mein Leben. Deshalb war ich auch sehr angeschlagen und traurig, als ich den Terroranschlag live im TV miterlebt habe, noch schlimmer wurde es dann als ich erfahren habe, dass einer meiner HFC-Brüder gehen musste. Ich war bei der Trauerfeier und am Ort des Geschehens um mit allen anderen Abschied von Kevin und Jana zu nehmen. Ich würde mich riesig über das Andenken freuen, denn somit kann ich meine HFC-Sammlung noch etwas verschönern und vergrößern und habe immer ein Andenken an das, was war.

HFC – NUR ZUSAMMEN!