Der Sportdirektor des Halleschen FC war am Montagabend im Stadion an der Grünwalder Straße vom Auftritt seiner Mannschaft ebenso beeindruckt wie ausnahmslos alle Beobachter. Ralf Minge sieht seine Aufgabe aber vor allem in der Verantwortung für die Gesamtentwicklung als in der Bewertung einzelner Leistungen.
Ralf Minge, wie erleichtert oder glücklich ist ein Sportdirektor nach drei Siegen in Folge?
Glück ist meist ein flüchtiges Gefühl im Fußball. Und erleichtert sind wir erst, wenn die Saison mit dem gewünschten Ergebnis abgepfiffen ist. Aber natürlich sind wir alle sehr zufrieden mit den jüngsten Auftritten und der Punktausbeute der vergangenen vier Spiele in einer Phase, die enorm wichtig ist für den Verein. Mich beeindruckt vor allem, wie schnell die Automatismen greifen und die Jungs den veränderten Spielstil verinnerlicht haben.
Welche Aktie hat Trainer André Meyer an dem sportlichen Aufschwung?
Eine ganz entscheidende. Er stellt die Mannschaft ein und auf, hat Denkmuster aufgebrochen, Aufgaben klar definiert, Vertrauen ausgesprochen und dem Team Überzeugung zurückgegeben. Dass unsere Spieler die Qualität haben, wussten wir nicht erst seit dem ordentlichen Saisonstart. Sie abzurufen gelang im Herbst aber zu selten. Umso bemerkenswerter ist nun, dass nicht mal zwei Monate nach dem Neustart eine Selbstverständlichkeit auf dem Rasen zu spüren ist.
Auch die Winterpausen-Neuzugänge haben sofort eingeschlagen …
Wir hatten gehofft und waren uns sicher, dass uns die vier Neuen sofort helfen und den Konkurrenzkampf beleben. Mich freut aber mindestens ebenso, dass gestandene Spieler wie Jonas Nietfeld und Marcel Titsch Rivero vorangehen, junge Kerle wie Tim Schreiber, Julian Guttau und Jan Shcherbakovski aufblühen, lange verletzte Profis wie Jannes Vollert und Sören Reddemann so schnell zur Stabilität beitragen.
Wieviel Euphorie ist nach drei Siegen in Folge erlaubt?
Man sollte die Feste feiern, wie sie fallen. Die Mannschaft darf stolz auf die jüngsten Resultate sein und das auch gern zeigen. Für die Stimmung in Bus oder Kabine bin ich jedoch nicht zuständig. Ich blicke eher mit bewusster Distanz auf die Atmosphäre in der gesamten Gruppe, dazu gehören neben den Spielern bekanntlich auch alle Trainer und Mitglieder im Funktionsteam. Wichtig ist, dass wir uns auf vier ordentlichen Spielen nicht ausruhen und glauben, nun ginge es von allein. Diesbezüglich habe ich allerdings keine Sorge. Die Trainer und Spieler sind reflektiert genug um zu wissen, dass wir noch nicht am Ziel sind und hochkonzentriert bleiben sollten.
Im Sommer 2022 laufen zahlreiche Verträge der aktuellen Mannschaft aus. Wie wirken sich die jüngsten Erfolge auf die Prioritätensetzung bei anstehenden Gesprächen aus?
Unsere Planungen sind grundsätzlich nicht von tagesaktuellen Ergebnissen abhängig. Aber natürlich hilft Planungssicherheit eher als sportliche Unwägbarkeit. Je früher wir wissen, dass der HFC auch in der nächsten Saison in der 3. Liga spielt, desto besser sind unsere Argumente. Wichtig ist in der jetzigen Phase genau zu beobachten, welche Spieler zu unserer Art Fußball am besten passen, wer sich mit dem eingeschlagenen Weg identifiziert, wer persönliche Interessen in den Dienst der Mannschaft stellt. Da wir in der jetzigen Konstellation nicht mal zwei Monate unterwegs sind, ist dieser Prozess der Erkenntnisgewinnung naturgemäß noch nicht abgeschlossen. Grundsätzlich sind auslaufende Verträge immer Chance und Risiko zugleich – für beide Seiten.
Worum wird es bei der künftigen sportlichen Entwicklung vordergründig gehen?
Wir wollen dem HFC ein sportliches Gesicht geben, eine DNA vermitteln. Das geschieht nicht mit einem Fingerschnippen oder zwei Transfers. Es geht um stetige Weiterentwicklung, um Kontinuität, um Mentalität. Diese Parameter sind Basis all unserer Überlegungen. Die ersten sechs Spiele des Jahres 2022 mit nur zwei Gegentoren, mutiger Spielweise und Torgefahr auf mehrere Schultern verteilt haben zumindest angedeutet, wohin der Weg gehen kann und sollte. Meine Aufgabe sehe ich darin, den Grundstein dafür zu legen und dann Mannschaft und Trainerteam den Rücken freizuhalten.