HFC-Talent Wolfgang Hoffmann bleibt unvergessen

Jedes Jahr am 28. September erinnert der Hallesche Fußballclub an eine Brandkatastrophe, die sich 1971 ereignete und tief ins kollektive Gedächtnis unseres Traditionsvereins eingeprägt hat. Damals brach vor dem Rückspiel des HFC Chemie im Europapokal beim PSV Eindhoven im Hotel „Silbernes Seepferdchen“, in dem die Mannschaft aus Halle untergebracht war, ein verheerendes Feuer aus, das elf Menschenleben forderte. Unter den Opfern befand sich auch der 21 Jahre alte HFC-Spieler Wolfgang Hoffmann aus Sangerhausen. Weitere Spieler der Rot-Weißen, darunter Klaus „Banne“ Urbanczyk, Olympia-Dritter mit der DDR-Auswahl 1964 in Tokio, und Nachwuchsauswahl-Spieler Erhard Mosert wurden schwer verletzt. Bei einer Trauerfeier in Halle nahmen die Mannschaft, Verantwortliche des Fußballclubs und die Familie des Verstorbenen am 1. Oktober 1971 Abschied von “Hoffi“, wie seine Mitspieler ihn auf dem Platz riefen. Anschließend wurde er unter großer Anteilnahme der Bevölkerung in seiner Heimatstadt im Südharz beigesetzt.
Wolfgang Hoffman, der am 9. Juli 1950 in Sangerhausen auf die Welt kam, war ein bescheidener und aufgeschlossener junger Mann. Er hatte eine berufliche Ausbildung als Maschinenbauer mit Abitur abgeschlossen und im September 1970 ein Studium an der Universität in Halle aufgenommen. Der hochgewachsene Fußballer galt als hoffnungsvolles Talent, das wegen seiner Leistungen auf dem Platz zum Sportclub geholt wurde. 1971 wurde er in die Oberligamannschaft des Trainergespanns Walter Schmidt/Günter Hoffmann berufen. Der Mittelfeldspieler bestritt drei Oberliga-Partien für den HFC Chemie, ehe er dann sogar Europapokal-Luft schnuppern sollte. Da konnte keiner ahnen, auf welch tragische Art und Weise er in Eindhoven sein junges Leben einbüßen würde.
Dabei herrschte damals große Euphorie in der Saalestadt. Der HFC Chemie, der 1966 gegründet wurde, hatte in der Saison 1970/71 den dritten Platz in der DDR-Oberliga belegt und damit auch den Sprung in den Uefa-Cup geschafft. Und so säumten am 15. September 1971 rund 35 000 Zuschauer die Ränge im ausverkauften Kurt-Wabbel-Stadion, als die Hallesche Elf den PSV Eindhoven empfing. Die abgeklärten Niederländer trotzdem den Gastgebern ein torloses Unentschieden ab. Dennoch ist der HFC Chemie mit einigen Erwartungen zum Rückspiel in die Niederlande gereist. „Wir haben uns natürlich auf das Rückspiel am 29. September in Eindhoven gefreut, auch, weil wir uns durchaus noch Chancen ausgerechnet hatten“, so Klaus Urbanczyk in einem Interview, das ein niederländischer TV-Journalist 50 Jahre nach dem schrecklichen Brand mit HFC-Spielern der Mannschaft von 1971 im Stadion in Halle führte.
Doch es sollte damals nicht mehr zum zweiten Vergleich mit dem PSV kommen. Am frühen Morgen vor dem Rückspiel gab es plötzlich eine Explosion im Mannschaftshotel des HFC. Innerhalb weniger Minuten stand fast das gesamte Gebäude in Flammen. HFC-Kapitän Bernd Bransch, der vier Tage zuvor seinen 27. Geburtstag gefeiert hatte, konnte mit anderen übers Dach flüchten. Weitere Spieler wie Urbanczyk, Schmidt und Meinert versuchten über den Fahrstuhl nach unten zu gelangen. „Alles geschah instinktiv, wir haben uns alle gegenseitig geholfen und andere Hotelgäste, die mit uns vor dem Feuer flohen, nach draußen geschafft“, schilderte Wolfgang Schmidt mit emotionalen Worten die dramatischen Szenen aus der „Flammenhölle“. Auch „Banne“ rettete einige Hotelgäste, ehe er aus großer Höhe aus einem Fester sprang und dabei schwere Schnittverletzungen erlitt. Bis heute hat man in Eindhoven die „heroischen Taten“ der Spieler des HFC, der danach das Rückspiel absagte, aus der Brandnacht nicht vergessen. „Das ist immer noch in unserem Herzen“, sagte Toon Gerbrands, Präsident des PSV Eindhoven, im September 2021 in einer Videobotschaft zum Gedenken an die Geschehnisse vor 50 Jahren.
Immerhin wurde 2006 mit 35-jähriger Verspätung das Rückspiel in Halle symbolisch nachgeholt. PSV-Trainer Guus Hiddink, der 1971 als Spieler beim Hinspiel in Halle dabei war, überreichte allen früheren HFC-Akteuren zur Erinnerung ein Trikot mit ihren damaligen Rückennummern. Auch Otto Hoffmann aus Sangerhausen, der inzwischen verstorben ist, bekam das Trikot anstelle seines Sohnes, der in den Flammen umkam. Der HFC nahm diese Geste dankbar auf. „Der PSV hat sich damals rührend um uns gekümmert, die Spieler haben uns sogar zu ihren Familien mit nach Hause genommen. Respekt“, sagte HFC-Legende Wolfgang Schmidt am 28. September 2021 in seiner Rede zur Einweihung einer Stele am Stadion in Halle in Gedenken an die Opfer der Brandkatastrophe. Das alles konnte freilich den tragischen Verlust von Wolfgang Hoffmann nicht aufwiegen. Doch wir halten die Erinnerung an ihn wach.
Der Verein wird daher auch in diesem Jahr wieder Blumen an der Gedenk-Stele am Stadion niederlegen. So bleibt Wolfgang Hoffmann unvergessen!