Es gibt nur wenige Fußballer, die eine Ära geprägt und ganze Generationen begeistert haben. Einer, auf den das zutrifft, ist Klaus Urbanczyk, den alle seit frühester Kindheit nur „Banne“ rufen. Der gebürtige Hallenser, der seiner Heimatstadt immer verbunden blieb, war über Jahrzehnte das Aushängeschild des HFC Chemie. Das Urgestein unseres Traditionsvereins verkörpert quasi das wechselvolle Schicksal des halleschen Fußballs. Seine einzigartige Laufbahn begann 1948 mit acht Jahren bei der SG Freiimfelde Halle. Danach spielte „Banne“ bei der ZSG Union, Turbine Halle, dem SC Chemie und dem Halleschen FC, alles Vereine, die Fußball-Geschichte an der Saale geschrieben haben. Er holte 1962 mit 21 Jahren den Pokal und brachte 1964 mit der DDR-Auswahl von den Olympischen Spielen aus Tokio eine Bronzemedaille mit nach Hause. Im gleichen Jahr wurde der 1,75m große Außenverteidiger zum „Fußballer des Jahres“ und auch zum „Sportler des Jahres“ in der DDR gekürt. Kein anderer Fußballer der DDR hat das geschafft. Am 4. Juni 2025 blickt Klaus Urbanczyk auf 85 Jahre seines bewegten Lebens zurück. Die ganze HFC-Familie gratuliert dem Ehrenmitglied unseres Vereins zu seinem Geburtstag. Wir wünschen dem Jubilar alles Gute, vor allem viel Gesundheit!

 

„Banne“ war und ist bis heute ein Kämpfertyp. Er spielte immer mit vollem Einsatz. Auf dem Platz gab es für ihn keine „halben Sachen“. Und so wie Uwe Seeler dem Hamburger SV, so hat Klaus Urbanczyk auch „seinem“ HFC stets die Treue gehalten. „Mir ist nie in den Sinn gekommen, meine Familie, meine Freunde und meine Heimatstadt zu verlassen“, hat er allen entgegnet, die ihn später fragten, warum er nicht in den Westen gegangen sei. Halles Fußball-Idol hat 34 Länderspiele bestritten. Außerdem stand er in 20 Begegnungen der DDR-Olympiaauswahl auf dem Rasen. Eine Sternstunde erlebte der Fußballer am 2. Juni 1963 vor über 100.000 Zuschauern im Leipziger Zentralstadion beim Länderspiel gegen England. Mit seinen Grätschen, auch Sliding Tacklings genannt, legt der 23 Jahre alte Verteidiger seinen weltberühmten Gegenspieler Bobby Charlton an die Kette. Der Favorit aus dem Mutterland des Fußballs, das sich später im legendären Wembley-Finale von 1966 gegen Deutschland den WM-Titel holte, gewann mit Ach und Krach 2:1. Und Englands Kapitän zeigte sich nach dem Abpfiff beeindruckt von dem „jungen Mann, der mir so zugesetzt hat“. Selbst in der heimischen Liga kenne er keinen besseren Verteidiger, tat er kund. Dieses Lob war wie ein Ritterschlag für den jungen Nationalspieler aus Halle. „Ich fühlte mich schon ziemlich geehrt, als ich davon erfuhr“, bekennt Klaus Urbanczyk, dessen Stern an jenem Tag in Leipzig aufging. Ein Jahr später folgte eine Einladung zu einem Spiel der Europa-Auswahl gegen die Niederlande. Doch die DDR-Funktionäre ließen „Banne“ aus fadenscheinigen Gründen nicht in den Westen fahren, „was mich bis heute ärgert“, so Halles Fußball-Idol, das mit der Rückennummer 3 in der Zeit von 1960 bis 1972 insgesamt 263 Spiele für den SC Chemie Halle und den HFC Chemie bestritten hat und dabei 13 Tore erzielte.

 

Immer wieder hat sich Halles Fußall-Legende nach Rückschlägen aufgerappelt. Nach einer schweren Knieverletzung bei Olympia in Tokio drohte ihm sogar das Aus. Es grenzt fast an ein Wunder, dass er im Februar 1966 wenige Tage nach der Gründung des HFC wieder auf den Platz zurückkehren konnte. Am 28. September 1971 musste „Banne“ den nächsten Schicksalsschlag hinnehmen. Vor dem Uefa-Cup-Rückspiel im niederländischen Eindhoven brach im Hotel, in dem  der HFC untergebracht war, ein verheerender Brand aus. Dabei starb auch ein junger HFC-Spieler. Klaus Urbanczyk wurde zum Helden. Wagemutige rettete er einige Hotelgäste, ehe er aus einem Fester einige Meter in die Tiefe sprang und dabei schwere Schnittverletzungen erlitt. Die Bilder von der Flammenhölle und schreienden Menschen haben sich in sein Gedächtnis eingebrannt. Schon oft musste er das Drama schildern. Bis heute fällt es ihm nicht leicht, darüber zu sprechen.

 

Den Draht zum HFC ließ Klaus Urbanczyk auch während seiner Zeit als Trainer in Erfurt, Magdeburg und Stendal nie abreißen. Und jedes Mal, wenn in Halle seine Hilfe gebraucht wurde, war er zur Stelle. Bis vor einigen Jahren kümmerte sich „Banne“ noch um die Sichtung von Talenten. „Ich bin stolz darauf, mit meinem Heimatverein immer verbunden gewesen zu sein“, betont er bis heute. Viele Jahre lang saß er zusammen mit seinem Freund Bernd Bransch, der 72 Auswahlspiele absolvierte und 1976 Olympiasieger wurde, auf der Tribüne im Stadion. Doch nach dem Tod des „Langen“ im Juni 2022 konnte auch „Banne“ aufgrund persönlicher Umstände nur noch ab und zu auf seinem Stammplatz die Spiele des HFC verfolgen. Der Vorstand würde sich freuen, wenn wir unseren Jubilar in der neuen Saison wieder öfter im Stadion begrüßen könnten

1959-Klaus Urbanczyk
SC Chemie Halle_1962_DDR_Pokal

„Bannes“ größter Erfolg als Spieler: 1962 holt der 21-jährige Verteidiger (Bildmitte) mit dem SC Chemie Halle den DDR-Pokal.
Foto: HFC-Archiv

Banne_1972_letztes Spiel gg Union Berlin 5zu1

Klaus „Banne“ Urbanczyk 1972 am letzten Spieltag gg Union Berlin (5:1) beim Abschied als aktiver Spieler.