Die Betriebssportgemeinschaft (BSG) Chemie Leipzig wurde 1997 gegründet. Der Verein sieht sich als legitimer Nachfolger der in der DDR bestehenden BSG Chemie Leipzig, die 1990 nach Fusion im FC Sachsen Leipzig aufgegangen war. Der DDR-Meister von 1951 und 1964 Chemie Leipzig hatte sich nach der friedlichen Revolution und im Zuge der Umstellung auf ein marktwirtschaftliches Wirtschaftssystem, was zum Zusammenbruch des BSG-Systems führte, 1990 mit Chemie Böhlen zum FC Sachsen Leipzig zusammengeschlossen und spielte fortan im traditionellen Chemie-Stadion, dem Alfred-Kunze-Sportpark. Nach etlichen Jahren voller Querelen, chronischer Finanzsorgen, Insolvenzen und Versuchen, höherklassig zu spielen, wurde 2008 in der 3. Kreisklasse ein neuer Anlauf genommen, der schlussendlich 2017 und dann wieder ab 2019 in der Regionalliga Nordost mündete. In dieser spielt die BSG nunmehr in der 6. Saison nacheinander und erreichte 2021 mit Rang 3 die beste Platzierung.

Im Vorjahr erreichte Chemie Leipzig überraschend Rang 8. Der seit 2018 amtierende Trainer Miroslav Jagatic mutmaßte aber bereits vor der aktuellen Saison, dass es diese Saison „eine enge Kiste“ werden würde. „Wenn jetzt jemand kommt und sagt, ihr müsst besser als Platz acht sein. Nein! Wir dürfen uns nicht treiben lassen, uns nicht unter Druck setzen lassen. Wir werden sagen, dass wir unter den ersten zehn einmarschieren wollen. Das sollte ein Ziel sein“. Der Coach musste erneut einen großen Umbruch im Team organisieren. Insbesondere die Abgänge von wichtigen Spielern der vergangenen Saison wie Vin Kastull, Philipp Wendt, Lucas Surek und Denis Jäpel schmerzten. Mit Florian Brügmann und Stanley Ratifo spielen zwei ehemalige HFC-Akteure für Chemie.

Es wurde wie von Miroslav Jagatic erwartet eine schwierige Saison. Zum Abschluss der Hinrunde belegte Chemie mit nur 19 Punkten Rang 14, knapp vor der Abstiegszone. Miroslav Jagatic wurde entlassen. Interimsweise übernahm David Bergner, der neu in die sportliche Leitung von Chemie gestoßen war. Er konnte das Ruder jedoch nicht herumreißen. Als neuer Cheftrainer wurde Adrian Alipour verpflichtet, der jedoch erst am 1. April starten konnte. Sein Vertrag beim SV Meppen konnte zum 31. März aufgelöst werden. Alipour soll Chemie neues Leben einhauchen und schnell von den Abstiegsplätzen führen. Seine bisherige Bilanz ist durchwachsen: 0:3 gegen Lok Leipzig, 1:1 gegen Meuselwitz, 0:0 in Eilenburg. Alipour muss allerdings auch zurechtkommen mit der Mannschaft, die ihm zur Verfügung steht. Doch dass sie in der Lage sind, Akzente zu setzen, haben alle Kicker im grün-weißen Trikot schon bewiesen. Neu-Trainer Alipour fordert „Hingabe und Einsatz bis zum Letzten“, um das Ruder herumzureißen. Damit in der kommenden Saison neu aufgebaut werden kann. Aktuell ist Chemie bei einem Spiel weniger 15. der Tabelle mit 29 Punkten. Bester Torschütze ist Stanley Ratifo mit 8 Treffern. Das Hinspiel Anfang November in Leutzsch endete 1:1. Es war das erste Zusammentreffen der beiden Vereine seit 1984.

Neben der insgesamt unbefriedigenden und schwierigen sportlichen Lage schmerzen Chemie auch die drei Klatschen in den Derbys gegen Lok in dieser Saison: 0:2 und 0:3 in der Liga, 1:4 im Sachsenpokal. Tunlichst vermeiden will Chemie, Vorletzter zu werden. Da wohl kein Verein aus der 3. Liga in die Regionalliga Nordost absteigen wird, reicht der vorletzte Platz zum Klassenerhalt, wenn Erzrivale Lok Leipzig den Aufstieg in die 3. Liga schaffen sollte. Welch ein Graus für Chemie und seine Fans, Lok die Daumen drücken zu müssen…