Am 20. Spieltag ist Rot-Weiß Erfurt (RWE) zum siebten Mal zu Gast im LEUNA-CHEMIE-STADION bzw. Erdgas Sportpark. Das letzte Duell in Halle fand am 1. April 2018 statt, es endete 3:0 für den HFC. RWE, seinerzeit „Drittliga Dino“ (als einziger Verein von Beginn (2008) an ununterbrochen dabei), stieg am Ende der Saison ab und schaffte die Rückkehr bisher nicht mehr. Im Gegenteil, insbesondere erhebliche finanzielle Probleme führten sogar zum Abstieg in die Oberliga. RWE gelang jedoch nach Überstehen eines Insolvenzverfahrens und finanzieller Konsolidierung 2022 die Rückkehr in die Regionalliga Nordost. In früheren Jahren spielte RWE sogar einmal in der 2. Bundesliga – 1991/92 (gemeinsam mit dem HFC) und 2004/05. Aus den Duellen der beiden unvergessen ist Tom Müller`s Kopfballtor in der Nachspielzeit am 21. Oktober 2017 im Steigerwaldstadion zum 1:1. Das Hinspiel in Erfurt im August gewann der HFC vor rd. 10.000 Zuschauern mit 4:0, es war der erste Sieg des HFC in der Regionalliga Nordost.

Nach durchwachsenem Saisonstart hat sich RWE stabilisiert und spielt insgesamt eine hervorragende Saison. Zuletzt blieb RWE elfmal ungeschlagen. Die letzte Niederlage datiert vom 14. September beim 0:1 in Meuselwitz. RWE pirschte sich langsam, aber stetig, nach vorn ins Mittefeld und belegt aktuell sogar Rang 3 in der Tabelle mit 33 Punkten, noch vor dem Thüringer Erzrivalen Carl Zeiss Jena. Dennoch schielt RWE dem eigenen Bekunden nach nicht Richtung Meisterschaft. Trainer Fabian Gerber ist froh, dass mittlerweile Ruhe eingekehrt ist. Auch er stand nach den ersten Spielen der Saison in der Kritik. Defensiv steht RWE nun deutlich stabiler als zu Saisonbeginn, wo es gegen den HFC viermal und im Derby gegen Jena sogar fünfmal einschlug.

Zu Saisonbeginn war das nicht abzusehen. Nach der enttäuschenden Saison 2023/24 mit Rang 13 wurde der Kader auf den Prüfstand gestellt und radikal verändert. 14 Abgängen standen 13 Neuzugänge gegenüber. Vom Riesenumbruch erhoffte sich RWE eine ruhigere und vor allem bessere Saison. „Uns ist bewusst, dass wir einen gewaltigen Umbruch vollziehen“, sagte Franz Gerber, der den Klub vor vier Jahren als Geschäftsführer übernahm und aus der Oberliga zurück in die Regionalliga führte. Doch trotz überstandener Insolvenz sprudeln nicht plötzlich neue Geldquellen. Im Gegenteil. Der Hauptsponsor kündigte seinen Rückzug an, ein weiterer Premiumpartner brach weg. „Aus heutiger Sicht stehen uns 150.000 Euro weniger zur Verfügung“, sagte Gerber, der aussagegemäß mit 750.000 Euro für den Kader der ersten Mannschaft plante. Er sieht den radikalen Schnitt deshalb in erster Linie in den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen begründet. Besonders schmerzhaft waren die Abgänge von Kapitän Andrej Startsev (FSV Zwickau), Publikumsliebling Artur Mergel (Chemnitzer FC) und Torjäger Romarjo Hajrulla (Energie Cottbus). Auch Michael Seaton, in der Vorsaison mit 13 Treffern der erfolgreichste Erfurter Angreifer, verließ den Verein, ebenso Kai Seidemann Richtung Jena. Zum Umbruch gehörte, dass sich RWE auch im Tor neu aufstellte. Mit Lorenz Otto von Zweitliga-Aufsteiger SSV Ulm kam ein Schlussmann, der sich nach seiner Reservistenrolle in Ulm bei RWE durchsetze. Andy Trübenbach, der bislang in Meuselwitz spielte, belebte die Offensive. Mittelfeldspieler Marco Wolf kam vom HFC. Im Winter wurde Stürmer Tino Kaufmann (VfB Stuttgart II) verpflichtet. Als Saisonziel wurde ein guter Mittelfeldplatz ausgerufen. Dies scheint mehr als zu gelingen.