Der Tod von Englands Fußball-Ikone Bobby Charlton hat auch bei HFC-Legende Klaus „Banne“ Urbanczyk für Trauer gesorgt. „Die Nachricht, dass er am Sonnabend im Alter von 86 Jahren verstorben ist, hat auch mich betroffen gemacht“, so Halles Fußball-Idol, der für die DDR insgesamt 34 Länderspiele bestritten hat und 1964 zum „Sportler des Jahres“ gewählt wurde. Im Jahr zuvor war der rechte Außenverteidiger bei seinem zwölften Länderspiel für die DDR auf den Ausnahmefußballer von der Insel getroffen. Er musste damals am 2. Juni 1963 vor über 100 000 Zuschauern im Leipziger Zentralstadion gegen den Linksaußen der Engländer spielen. „Das war natürlich ein besonderes Erlebnis und einer der Höhepunkte in meiner Karriere“, sagt der 83-jährige Hallenser, der sich noch genau an die Begegnung mit Charlton erinnert. „Bobby war ein Weltstar. Ich hatte großen Respekt vor ihm. Doch unser Trainer Karel Soos hat mir immer wieder Mut gemacht“, erzählt „Banne“, der sich in jener Partie mehr als achtbar aus der Affäre zog.
Mit seinen Grätschen, auch Sliding Tacklings genannt, hinterließ der damals 23 Jahre alte Verteidiger mächtigen Eindruck bei seinem weltberühmten Gegenspieler. Der haushohe Favorit aus dem Mutterland des Fußballs gewann mit Ach und Krach 2:1. Als sich beide Mannschaften nach dem Spiel im Hotel „Astoria“ zum Bankett trafen, suchte Bobby Charlton schon am Eingang „den jungen Mann, der mir so zugesetzt hat“. Selbst in der heimischen Liga kenne er keinen besseren Verteidiger, tat er kund. Dieses Lob war wie ein Ritterschlag für den jungen Nationalspieler aus Halle. „Ich fühlte mich schon ziemlich geehrt, als ich davon erfuhr“, bekennt Klaus Urbanczyk, dessen Stern an jenem Tag in Leipzig aufging. Ein Jahr später folgte eine Einladung zu einem Spiel der Europa-Auswahl gegen die Niederlande. Wie er später erfuhr, hatte ihn Bobby Charlton vorgeschlagen. Doch „Banne“ durfte aus fadenscheinigen Gründen nicht hinfahren, „was mich bis heute ärgert“, so Halles Fußball-Idol, der von 1960 bis 1972 insgesamt 263 Spiele für den SC Chemie Halle und den HFC Chemie bestritten hat und dabei 13 Tore erzielte.1964 kehrte er mit einer Bronzemedaille vom olympischen Turnier aus Tokio zurück.
Doch er verletzte sich dort schwer am Knie. Nicht der einzige Schicksalsschlag, der ihn ereilte. Bei einem Hotelbrand vor dem Europapokal-Rückspiel im September 1971 im niederländischen Eindhoven zog sich „Banne“ schwere Schnittverletzungen zu. Auch die Schmerzen in seinen Knien plagten ihn lange. Ein Unglück prägte auch das Leben von Bobby Charlton. Im Februar 1958 kam es auf der Rückreise nach einem Europapokal-Spiel bei der Zwischenlandung in München zu einem Flugzeugabsturz, der 28 Opfer forderte. Charlton war einer von 21 Überlebenden. Und noch eine Parallele gibt es zwischen beiden Fußballern aus Halle und England. So wie Bobby Charlton immer nur für Rekordmeister Manchester United gespielt hat, trug auch Klaus Urbanczyk in seiner Laufbahn stets nur das Trikot des HFC bzw. seines Vorgängervereins SC Chemie.
„Darauf bin ich besonders stolz“, betont „Banne“, der nach wie vor im Stadion die Spiele seiner Nachfolger in der dritten Liga verfolgt. Und wie die ganze Fußballwelt nun Abschied nehmen muss von seinem früheren Gegenspieler, der in seinen 17 Jahren, die er für ManU auflief, insgesamt 758 Partien absolvierte und 249 Tore schoss. Und der mit England im Jahre 1966 nach einem denkwürdigen 4:2-Sieg in der Verlängerung gegen Deutschland endlich auch Fußball-Weltmeister wurde. Der Kapitän der Three Lions wurde dafür von der Queen geadelt. „Mein Mitgefühl gehört seiner Familie“, schickt Klaus „Banne“ Urbanczyk auf diesem Weg einen letzten Gruß an seinen ehemaligen sportlichen Kontrahenten, der auf der Insel wie ein Nationalheld verehrt wird.