Er kam aus dem Osten, wurde in Mitteldeutschland entdeckt und krönte seine Karriere im Westen: Auf diesen geografischen Nenner könnte man die außergewöhnliche Laufbahn von Dariusz Wosz bringen. Der Werdegang des deutsch-deutschen Fußball-Idols beginnt auf einem Kartoffelacker als Bolzplatz in Oberschlesien und führt den 1,69 Meter großen Mittelfeldspieler bis in die Bundesliga.  Beim HFC ist die „Zaubermaus“, wie die Medien ihn später wegen seiner mitreißenden Dribblings taufen, zum Ausnahme-Fußballer gereift. Am 8. Juni feiert Dariusz Wosz seinen 50. Geburtstag. Herzlichen Glückwunsch!

Mit 22 Jahren geht der gebürtige Pole, dessen Familie 1980 in die DDR übergesiedelt war, zum VfL Bochum. Sechs Jahre später wechselt der Profi zu Hertha BSC. Mit der „Alten Dame“ verbinden ihn unvergessliche Spiele in der Champions League. Überall, wo Dariusz Wosz anheuert, gewinnt er schnell die Herzen der Fans. Er hat in seinem Leben die Pässe von drei Staaten besessen und spielte in zwei deutschen Nationalmannschaften. Der Publikumsliebling blieb trotz seiner Erfolge immer bescheiden und bodenständig. Der vierfache Vater, der in zweiter Ehe verheiratet ist, wohnt in Bochum. Doch Halle an der Saale, wo seine Mutter lebt und sein Bruder ein Fitnessstudio betreibt, ist seine Heimat. Am 8. Juni  gibt es nicht nur dort einen besonderen Grund, auf den einstigen Fußball-Star anzustoßen. Dariusz Wosz feiert seinen 50. Geburtstag. Der HFC, dem er nach wie vor eng verbunden ist, und die Fans der Rot-Weißen wünschen dem Jubilar alles Gute und viel Gesundheit!

Für viele, vor allem ältere Anhänger des Vereins, ist der begnadete Techniker einer der besten Fußballer, die der Hallesche FC je unter Vertrag hatte. Dabei befinden ihn seine Jugendtrainer für das Spiel mit dem runden Leder als zu klein und zu schmächtig. So schicken ihn die Talente-Späher des DDR-Sports anfangs auf eine Eisschnelllauf-Bahn. Zum Glück sieht ein Nachbar, wie der kleine Darek, so rief ihn seine Familie,  jeden Tag auf dem Hof unermüdlich mit einem Fußball trainiert. Er bringt den Elfjährigen zu Motor Halle, wo eine außergewöhnliche Fußball-Karriere ihren Anfang nimmt. Über Empor Halle kommt der schüchterne Aussiedler-Junge, der anfangs kaum ein Wort Deutsch spricht, schließlich mit 14 Jahren zum HFC, der damals wieder einmal aus der DDR-Oberliga abgestiegen ist. Trainer Karl Trautmann erkennt das Talent des Dribbel-Künstlers und holt ihn 1986 mit 17 Lenzen in die „Erste“ des Klubs. „Ihm habe ich viel zu verdanken“, hält Dariusz Wosz bis heute große Stücke auf den früheren Fußballlehrer. Ein Jahr später gelingt dem Verein mit dem Youngster-Trio Wosz, Steffen Karl und Renè Tretschok  die Rückkehr in die höchste Spielklasse im DDR-Fußball. Insgesamt 116 Begegnungen absolviert die Fußball-Legende für die Rot-Weißen, 19 Tore erzielt er in dieser Zeit. 

Wie alle DDR-Fußballer wird auch Dariusz Wosz hineingeworfen in die gewaltigen Umwälzungen und Veränderungen durch die deutsche Wiedervereinigung. Gemeinsam mit der HFC-Torwart-Ikone Jens Adler bestreitet er am 12. September 1990 in Brüssel gegen Belgien das letzte Spiel einer DDR-Nationalmannschaft. Sieben Mal hat er als HFC-Spieler das DDR-Trikot übergestreift. 1997 holt ihn Berti Vogts dann in die deutsche Nationalelf. Es folgen weitere 17 Partien mit der bundesdeutschen Auswahl. Als Mannschaftskapitän und Mittelfeldregisseur hat Dariusz Wosz den VfL Bochum zweimal in den Uefa-Pokal geführt. Mit Hertha erlebt der Ex-Hallenser eine Sternstunde seiner Karriere. Beim Champions League-Spiel gegen AC Mailand erzielt die „Zaubermaus“ nach einem Alleingang vor 80.000 begeisterten Zuschauern das 1:0 für Berlin.

Am Ende seiner Karriere als Profi-Fußballer hat Dariusz Wosz über 600 Spiele bestritten, rund die Hälfte davon in der 1. Bundesliga. Danach wird er Nachwuchstrainer in Bochum und hat dabei junge Talente wie Ilkay Gündogan, Leon Goretzka und Lukas Klostermann unter seinen Fittichen. Der Kontakt nach Halle, wo er als Namensgeber des Wosz Fan Shops stets präsent ist,  reißt  nie ab. Manchmal zieht Darek noch die Töppen an, um mit Allstar-Teams bei Hallenturnieren oder zu besonderen Anlässen bei Prominenten-Mannschaften aufzulaufen. Dabei kann jeder sehen, dass er nicht im Umgang mit dem Ball verlernt hat. Und wenn es nach ihm ginge, hätte er nichts dagegen, auf dem Fußballplatz zu sterben, wie er dem Autor des Buches „Rot wie Blut, weiß wie Schnee … – Der Hallesche FC in 40 Porträts“ verraten hat. Doch bis dahin dürfen ruhig weitere 50 Jahre vergehen!